<107> so viele Truppen zwischen Kolberg und Stettin stehen, daß es schlechterdings unmöglich war, einen Proviantzug hindurchzubringen. So mußte man die Festung denn verloren geben, aber wenigstens die Truppen des Prinzen von Württemberg zu retten suchen, weil unter so traurigen Umständen nichts Besseres zu tun war. Trotz aller Eile konnte Schenckendorff erst am 10. November zwischen Pyritz und Arnswalde zu Platen stoßen. Beide marschierten nun zusammen nach Greifenberg und sahen sich dort Jakoblew gegenüber, der von der Hauptarmee detachiert worden war. Während Platen ihn aufhielt, verließ der Prinz von Württemberg sein Lager in der Nacht vom 14. zum 15., gelangte am Ostseeufer entlang nach Treptow, ohne unterwegs auf den Feind zu stoßen, und vereinigte sich mit dem Korps, das ihn befreit hatte. Nach ihrer Vereinigung versuchten beide, die Russen durch einen Marsch in ihren Rücken aus der Nähe von Kolberg zu vertreiben. Als sie aber sahen, daß sie mit ihrem Manöver nicht zum Ziele kamen, rückten sie am 12. Dezember auf Spie vor, griffen die Schanze bei Drenow an, eroberten sie und nahmen die dort stehenden Truppen gefangen. Sie wären noch weiter vorgerückt, hätten sie nicht die ganze russische Armee in dem vorher von den Preußen besetzten Lager erblickt. Angesichts der Unmöglichkeit, den Feind in seinen Verschanzungen anzugreifen, zogen sie auf Greifenberg ab. Dort hörten sie, daß Kolberg durch Hunger zur Übergabe gezwungen worden sei1, und gingen nach Stettin zurück. Zur Deckung der Stadt zog der Prinz von Württemberg hinter der Oder eine Postenkette mit einigen dort zurückbleibenden Truppen, während er selbst nach Mecklenburg abrückte. Gleichzeitig ging Thadden nach der Lausitz und Platen nach Sachsen ab.

Die eben geschilderten Ereignisse waren so ernst, daß wir die schwedische Armee garnicht erwähnt haben. Ihr gegenüber stand Belling2 mit 1 500 Husaren und 2 Bataillonen. Am 19. Juli hatte Ehrensvärd mit den Schweden die Peene überschritten. Belling, der in Malchin stand, hörte, daß ein schwedisches Korps bei Bartow lagerte, griff es an und nahm ihm 100 Leute nebst 3 Kanonen ab (5. August). Dann fiel er über Hessenstein bei Röpnack her, erbeutete 6 Kanonen und nahm 600 Mann gefangen. Bei einem abermaligen Angriff wurde Hessenstein wieder geschlagen und verlor 300 Mann. Diese kleinen Erfolge der Preußen hinderten indessen die schwedische Armee nicht am Vordringen in die Uckermark. 6 000 Schweden gingen von Treptow an der Tollense zum Angriff gegen Belling vor. Der aber legte sich in einen Hinterhalt, fiel unvermutet über den Feind her und nahm ihm fast 600 Mann ab. Als der Herzog von Bevern den Feind trotz Bellings tapferem Widerstand immer weiter vorrücken sah, schickte er ihm drei Bataillone Verstärkung. Auch trafen zugleich Stutterheim3 und einige Truppen von der Armee des Prinzen Heinrich ein. Mit dieser Verstärkung griff Belling das schwedische Korps bei Rebelow an und nahm


1 Kolberg kapitulierte am 16. Dezember 1761.

2 Wilhelm Sebastian von Belling, Oberst und Chef eines Husarenregiments.

3 Generalmajor Otto Ludwig von Jung-Stutterheim.